„Wir sollten im Kopf behalten, dass der Ursprung einer Institution entscheidend ist –
und die Polizei wurde von der herrschenden Klasse geschaffen, um die Arbeiterklasse und
die Armen zu kontrollieren, nicht, um ihnen zu helfen. Daran hat sich nichts geändert. “ [1]
Frisch im Gedächtnis sind noch die Bilder der massiven Polizeigewalt im Rahmen
der Räumung des Dorfes Lützerath, welches für die Profitinteressen des
Energieunternehmens RWE für die darunterliegende Kohle von Polizeihundertschaften
aus dem gesamten Bundesgebiet (inklusive aus Bundesländern in den Die Linke.
mitregiert) wortwörtlich freigeprügelt wurde. Ähnlich frisch im Gedächtnis sollte auch die
Berichterstattung rund um die Silvester-Nacht im migrantisch geprägten Berlin-Neukölln
sein, wo die bürgerliche Presse Hand in Hand mit Polizeigewerkschaften und den
bürgerlichen Parteien (insbesondere CDU/CSU und AfD) eine zutiefst rassistische Debatte
anheizte, welche vornehmlich migrantische Jugendliche zum Ziel hatte. So schrieb bspw.
der CDU-Bundestagsabgeordnete und sog. ‚Innenexperte‘ Christoph de Vries auf Twitter:
„Wenn wir Krawalle in unseren Großstädten, Verachtung gegenüber dem Staat und
Übergriffe gegen Polizisten und Feuerwehrleute wirklich bekämpfen wollen, müssen wir
auch über die Rolle von Personen, Phänotypus: westasiatisch, dunklerer Hauttyp
sprechen. Um es korrekt zu sagen“ [2]
In eine ähnliche Kerbe schlug auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD),
welcher auf Twitter, wohlwissend um die Implikation in dem Diskurs, die Kündigung der
Wohnung für jene forderte, die Rettungskräfte rücksichtslos gefährdet hätten. Lauterbach
löschte diesen Tweet im Nachhinein. [3]
Diese gesamte Debatte fußte letztlich auf falschen Polizeimeldungen, welche
anfangs von 145 Festgenommenen mit 18 Nationalitäten im Kontext der Silvesternacht
sprachen, welche dann später auf 38, davon mehrheitlich Deutsche, revidiert werden
musste. [4] Dass sich die Polizei nicht zu schade ist, durch Falschmeldungen Debatten
loszutreten sollte unter Anderem aus den Erfahrungen des G20-Gipfels 2017 in Hamburg
nicht verwundern. Der rassistische Charakter der nahezu alljährlichen Silvesterdebatten
überrascht indes auch nicht, wenn man betrachtet wie die Polizei regelmäßig mit
rechtsradikalen Strukturen, als auch mit rechten Chatgruppen in Verbindungen gebracht
wird. Auch die Morde an migrantischen Menschen – stellvertretend seien hier Halim
Dener, Oury Jalloh und Mouhamed Lamine Dramé genannt – zeigen den Charakter der
Polizei auf, welche von Anfang an den Vormachtanspruch einer weißen
Mehrheitsgesellschaft im Dienste der Kapitalakkumulation durchgesetzt hat.
So finden sich die Wurzeln der amerikanischen Polizei in den Klassenkonflikten des 19ten
Jahrhunderts, wo sie aufgestellt wurde um die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit
im Sinne der sich entwickelnden Bourgeoisie, etwa durch die Niederschlagung von Streiks
oder das Einfangen entflohener Sklaven. [5] Auch in Europa war es von Anfang an
Aufgabe polizeiähnlicher Institutionen Menschen aus Lebensstilen, die nicht direkt der
Kapitalakkumulation dienlich waren, wie etwa der Landstreicherei und des Bettelns, in die
Wertschöpfungskette zu pressen – Eine Praxis, in der natürlich vornehmlich als fremd
markierte Bevölkerungsgruppen, besonders der sogenannten Betteljuden, sowie der
Rom*nja und Sinti*zze, der Kriminalisierung ausgesetzt war. [6]
Diese Praxis führt die Polizei nahtlos bis heute mit immer moderneren Repressions- und
Überwachungsmethoden fort, etwa indem sie Obdachlose drangsaliert, ganz offen und
systematisch Schwarze Menschen und PoC durch Kontrollen schikaniert [7] und auch
potenziell tödliche Abschiebungen rigoros durchsetzt. Als bewaffneter Arm der
herrschenden Klasse setzt sie eben die herrschenden Verhältnisse mit tödlicher Gewalt
durch. Appelle an die Herrschenden, eben jene Funktion der Polizei abzuändern, werden
vergeblich sein, da die Bourgeoisie auf die Verteidigung ihres Eigentums gegen soziale
Bewegungen aus der Arbeiter*innenklasse angewiesen ist.
Als Linksjugend [’solid] Niedersachsen schlussfolgern wir daraus:
– Die Polizei als Institution ist genauso wie der Kapitalismus als Wirtschaftsform nicht
reformierbar. Beide bedürfen einer kompletten Hand in Hand gehende
Zerschlagung und einer Neuformierung unter der vollständigen demokratischen
Kontrolle der Arbeiter*innenklasse.
– Eine Kooperation mit der Polizei, die darüber hinaus geht, der eigenen
Kriminalisierung vorzubeugen und die Durchführung eigener Aktionen nicht zu
gefährden, lehnen wir ab.
– Jeder Ausweitung der Befugnisse und jeder Aufrüstung der Polizei begegnen wir
mit vollständiger Ablehnung.
Als Linksjugend [’solid] Niedersachsen formulieren wir folgende tagespolitische
Forderungen:
– Den Rausschmiss der ‚Gewerkschaft der Polizei‘ (GdP) aus dem Deutschen
Gewerkschaftsbund (DGB).
– Die Entwaffnung der Polizei. Kein standardmäßiges Tragen von Schusswaffen.
Keine Anschaffung von potentiell tödlichen Tasern.
– Die Schaffung einer unabhängigen Behörde, welche das Verhalten der Polizei
kontrolliert und bei Bedarf sanktioniert. Eine solche Behörde bedarf umfassender
Befugnisse gegenüber der Polizei und muss unter direkter demokratischer Kontrolle
stehen. Aktive und ehemalige Menschen aus dem Polizeidienst sind von der
Mitarbeit in einer solchen Behörde ausgeschlossen.
Weiterhin werden alle Strukturen der Linksjugend [’solid] Niedersachsen dazu angehalten:
– Sich regelmäßig über den Charakter der Polizei zu bilden und auszutauschen und
die Erkenntnisse aus solcher Bildungsarbeit und natürlich auch aus eigenen
Erfahrungen publik zu machen.
– Sich aktiv an Mobilisierungen und Aktionen, welche die Polizei als Institution infrage
stellen, zu beteiligen. Dies kann etwa Aktionen gegen Stände der Polizei bei
Jobmessen, die Teilnahme an Demonstrationen, wie beispielsweise die jährlichen
Demonstrationen im Gedenken an Oury Jalloh in Dessau oder zu Anlässen wie
dem 18. März – Tag der politischen Gefangenen beinhalten.
[1] Sam Mitrani: „Warum sich die Polizei nicht ändern wird.“ Analyse & Kritik 661.
15.6.2020. https://www.akweb.de/ausgaben/661/warum-sich-die-polizei-nicht-
aendern-wird/
[2] https://twitter.com/VriesChristoph/status/1610029274614071296
[3] https://www.rnd.de/panorama/karl-lauterbach-will-boeller-chaoten-die-wohnung-
kuendigen-und-loescht-tweet-wieder-TBBQ762TYBFMLLL2XBQLHS7TGI.html
[4] Stefan Kalmring: „Mit gerümpfter Nase.“ Analyse & Kritik 689. 17.1.2023.https://www.akweb.de/politik/silvester-berlin-neukolln-mit-geruempfter-nase/
[5] Sam Mitrani: „Warum sich die Polizei nicht ändern wird.“ Analyse & Kritik 661.
15.6.2020. https://www.akweb.de/ausgaben/661/warum-sich-die-polizei-nicht-
aendern-wird/
[6] Vgl. Lea Pilone: „Polizei und Rassismus in Deutschland. Eine historische
Genese,“ In: Eleonora Roldán Mendívil und Bafta Sarbo (Hrsg,): Die Diversität der
Ausbeutung. Zur Kritik des herrschenden Antirassismus. Berlin 2022, S. 121-139.
[7] Siehe https://twitter.com/c_ab_/status/1564647444998246401
Begründung:
Ergibt sich aus dem Antragstext. Zudem erfordert die bisherige Beschlusslage der
Linksjugend [’solid] Niedersachsen unbedingt eine inhaltliche Erweiterung und
weitergehende Forderungen gepaart mit konkreten Ansätzen für die politische
Praxis.
Der Kampf um Lützerath hat uns vor Augen geführt mit welcher Aggressivität der Staat Kapitalinteressen verteidigt, aber der Kampf um Lützerath hat uns auch gezeigt, wozu wir als Bewegung fähig sind, wenn wir zusammen für etwas kämpfen. Wir haben der Öffentlichkeit gezeigt, dass wir in der Lage sein können dem Staat das Fürchten zu lehren. Den Kampf um Lützerath hat RWE gewonnen, den Kampf ums Klima gewinnen die Vielen!
Die Klimakrise verstärkt bereits existierende Formen der Unterdrückung; Menschen, die es sich schon vorher nicht leisten konnten in den Urlaub zu fliegen, haben auch weniger Mittel, um sich vor der Zunahme der Extremwettereignisse zu schützen. Für Menschen, die in Ländern nahe des Äquators leben, sind die Folgen der Klimakrise bereits jetzt deutlich extremer zu spüren als im globalen Norden. FLINTA*-Personen, die überdurchschnittlich oft für Care-Arbeit oder Produktion von Lebensmitteln in der Landwirtschaft zuständig sind, sind nochmal häufiger direkt von Ernteausfällen betroffen und verzichten öfter für die Versorgung ihrer Kinder auf Essen.
Währenddessen haben all diese Gruppen deutlich weniger gesellschaftliche Macht und politische Mitsprache, da auch bürgerliche Staaten im Kapitalismus das Ziel haben, ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten. Durch direkte politische Einflussnahme oder durch ihren Einfluss auf die Meinungsbildung versuchen Kapitalisten einerseits Zweifel an wissenschaftlichen Fakten zu schüren, anderseits Klimapolitik auf individuelle Konsumentscheidungen zu reduzieren und damit von den radikalen Forderungen abzukoppeln, die wirklich für die Lösung notwendig wären. Denn Klimaschutz kann nicht funktionieren, wenn er nur Kritik am Konsumverhalten von Einzelpersonen übt, ohne dass er ein System hinterfragt, das diese Form von Konsum überhaupt ermöglicht. Menschen, die in ländlichen Regionen wohnen, können nicht einfach auf Autos verzichten, wenn dies zur gleichen Zeit nicht durch einen Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel ermöglicht wird. Erst durch die Umstellung auf eine Produktion, die den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht den Profiten von Einzelpersonen, kann nachhaltiger Konsum überhaupt möglich sein, da Umweltschäden im Kapitalismus immer als "externe Kosten" gelten und ein unbegrenztes Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen auf Dauer nicht funktionieren kann. Eine Bewegung für Klimagerechtigkeit muss außerdem an der Seite von Kämpfen gegen Imperialismus, (Neo-) Kolonialismus und Rassismus kämpfen, da vor allem nordamerikanische und europäische Konzerne immernoch den Großteil der natürlichen Rohstoffe der Länder in Südamerika und Afrika kontrollieren, Gewinne daraus abschöpfen und dafür indigene Bevölkerungsgruppen vertreiben und die eigenständige Entwicklung dieser Länder verhindern. Diese wäre jedoch nötig, damit die Länder eine Wirtschaft aufbauen können, die auch ohne Ausbeutung der Natur auskommt und der eigenen Bevölkerung ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Firmen, die es sich zum Geschäftsmodell gemacht haben, für Geld Aufforstungsprogramme zu betreiben und dadurch die Treibhausgaseemissionen ihrer Kund*innen zu kompensieren, reproduzieren dabei oft die gleichen Strukturen, indem sie Bäume auf dem Land indigener Bewohner*innen pflanzen und diese vertreiben. Des Weiteren wird der Kampf um eine bessere Welt immer gegen staatliche Repressionsorgane, wie die Polizei und Geheimdienste, sowie das Militär geführt. Rojava, die autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, ist immer wieder Angriffen durch die türkische Armee ausgesetzt, auch weil dort eine Gesellschaft aufgebaut wird, die Erdogans reaktionären Ideen entgegensteht. Westliche Einmischungen in südamerikanische und afrikanische Staaten, die aus den kolonialistischen Strukturen ausbrechen wollten, sind zahlreich dokumentiert, wobei hier einige Beispiele die Putsche gegen Patrice Lumumba in der Demokratischen Republik Kongo und Thomas Sankara in Burkina Faso sind, oder als modernen Fall Evo Morales, den ersten indigenen Präsidenten Boliviens im Jahr 2019. In Deutschland sind diese Repressionen ohne Frage weniger stark, jedoch werden auch hier Klimaaktivist*innen durch die Polizei zusammengeschlagen, wenn sie sich der Zerstörung von Dörfern und Landschaften für die Interessen des Kapitals widersetzen, das an der Verbrennung und Verstromung fossiler Energieträger profitiert, auch wenn der Energiebedarf ohne sie gedeckt werden kann.
Neue Polizeigesetze und andere Gesetzesverschärfungen schränken Aktivismus immer stärker ein, während interne Dokumente aus NRW davon sprechen, dass die Polizei “gewaltfähiger” werden müsse. Deshalb ist die Klimabewegung dazu gezwungen darüber nachzudenken, wie eine Welt ohne Polizei und Militär funktionieren kann.
Die Linksjugend [solid‘] Niedersachsen fordert daher:
– Die Konversion oder der kontrollierte Abbau aller klimaschädlichen Industrien, wie der Automobilindustrie und dem Braunkohleabbau in solche, die klimaneutrale Mobilität und Energieproduktion ermöglichen unter Einbeziehung der Beschäftigten und kostenlosen Weiterbildungen bei Lohnfortzahlungen
– Die Vergesellschaftung und demokratische Verwaltung der Wirtschaft sowie eine öffentliche Diskussion und Entscheidung über den Strukturwandel
Aufbau einer öffentlichen klimafreundlicheren Infrastruktur durch massive Investitionen in Nah- und Fernverkehr, der allen Menschen kostenlos zur Verfügung steht
– Die Unterstützung progressiver, sozialistischer Bewegungen, vor allem in durch Deutschland und seine Verbündeten ausgeuteten Ländern
Reparationszahlungen von Konzernen, die die sich an neokolonialen Strukturen bereichert haben, an die Arbeiter*innen, die vertriebene Bevölkerung und die ausgeraubten Länder
– Enteignung aller Profiteure an der fossilen Industrie Schluss mit der Kriminalisierung der Klimabewegung und allen anderen sozialen Bewegungen in Deutschland
– Rücknahme repressiver Polizeigesetze und Initiierung von Maßnahmen, die auf Verhinderung weiterer Polizeigewalt abzielen, wie eine Kennzeichnungspflicht und unabhängige Aufarbeitungsstellen
– Abschaffung der Polizei und Aufbau einer demokratisch kontrollierten Institution zur Durchsetzung eines Gesellschaftssystems, welches allen dient und nicht nur der herrschenden Klasse und in welcher die Ursachen sozialer Probleme bekämpft, anstatt ihre Folgen verdrängt und kriminalisiert werden.
Abgesetzte Bürgermeister:innen, eingefrorene staatliche Finanzierung, ein laufendes Verbotsverfahren und etliche (prominente) Parteimitglieder, wie der ehemalige Co-Vorsitzende Selahattin Demirtaş, in türkischen Knästen – Im Vorlauf der türkischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei setzt das Erdogan-Regime alles daran die Demokratische Partei der Völker (Halkların Demokratik Partisi; HDP) an der Teilnahme an den Wahlen zu hindern, bzw. sie gänzlich zu verbieten. Als mehrheitlich kurdische und demokratisch-sozialistische Partei bietet die HDP als einzige im türkischen Parlament vertretene Partei eine Alternative zur kapitalistischen Moderne in der Türkei an, welche sich uA aus antikurdischen Ressentiment und neokolonialen Ambitionen speist. Vielmehr noch stellt die Politik der HDP und der demokratischen Bewegungen auf der Straße, in welcher die HDP fest verankert ist, „die von den Nationalstaaten auferlegte Herrschaftsordnung von Grund auf infrage“ [1]. Entsprechend setzt dies die vehementen Repressionsversuche gigantischem Ausmaßes in Kontext, welcher die HDP aufgrund ihrer Verankerung in den Bewegungen allen Widrigkeiten zum Trotz standhalten und vielmehr noch das Erdogan-Regime immer mehr ins Wanken bringen konnte. Als sozialistischer Jugendverband sollte es unser Ziel sein die Praxis der internationalen Solidarität kontinuierlich weiterzuentwickeln, konkret auszuüben und internationale Kämpfe als die Unseren in einem weltweiten revolutionären Prozess zu begreifen. In diesem Prozess liegt es auch an uns über die Machenschaften des Erdogan-Regimes in Deutschland, wo unter Anderem Regierungsfunktionäre derzeit mit genozidialer Rhetorik gegenüber Kurd*innen in Ditib-Moscheen Wahlkampf für die AKP machen [2], aufzuklären. Darauf aufbauend bedarf es auch der Offenlegung der Kollaboration der deutschen Regierung mit dem türkischen Regime, etwa durch Waffenlieferungen oder innenpolitische Repressionen gegen politisch aktive Kurd:innen, welche aktiv bekämpft gehören.
Die Linksjugend [’solid] Niedersachsen erklärt sich solidarisch mit der HDP und fordert:
– Die Freilassung der politischen Gefangenen. – Ein Ende der Kollaboration mit dem türkischen Regime, insbesondere ein Ende der Waffenlieferungen. – Den vollständigen Schutz und Asyl für politisch Verfolgte Menschen aus der Türkei und bekräftigt das Bleiberecht für Alle.
– Den Einsatz von Wahlbeobachter:innen bei den anstehenden Wahlen und setzt sich in Jugendverband und Partei für die Entsendung einer eigenen Wahlbeobachtungsdelegation, welche zusätzlich vor Ort Kontakt mit den demokratischen Kräften sucht, ein.
Ferner wird der LSP*R damit beauftragt:
– Öffentlichkeitswirksam (auf Social Media) die Wahlen und das mögliche Verbot der HDP zu begleiten
– Nach Möglichkeit die Mitgliedschaft und Sympathisant:innen über Verstrickungen der BRD mit der Türkei, die Rolle von DITIB als Vertretung der Interessen des türkischen Regimes, sowie über Graue Wölfe etwa im Rahmen von Bildungsveranstaltungen oder Vorträgen zu qualifizieren.
– In Abstimmung mit der Basis den Kampf gegen Militarisierung, bspw. Im Bündnis um Rheinmetall Entwaffnen, zu unterstützen und zu intensivieren.
Hoch die internationale Solidarität!
[1] Rosa Burç: „Jiyan heißt Leben, Frau heißt Widerstand.“ Analyse & Kritik 668. 13.12.22. https://www.akweb.de/bewegung/iran-tuerkei-kurdistan-jiyan-heisst-leben-frau-heisst-widerstand/
[2] Erkan Pehlivan: „„Volksverhetzung“: Skandalrede von AKP-Abgeordnetem in Moschee.“ Frankfurter Rundschau. 16.1.23. https://www.fr.de/politik/tuerkei-volksverhetzung-rede-in-moschee-von-grauen-woelfen-erdogan-pkk-news-92031199.html
Am 25.11.1993 erließ die BRD das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans, das Betätigungsverbot gegen die PKK. Zudem wurde die PKK seit 2002 in die EU-Terrorliste geführt. Dies bedeutet für Kurd*innen in Deutschland das faktische politische Betätigungsverbot – politisch aktive Kurd*innen werden unter dem Paragraphen 129b unter Generalverdacht gestellt und mit Repressionen überzogen, festgenommen und teilweise auch in die Türkei abgeschoben, wo ihnen weitere Repression, Knast und Folter drohen. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob Einzelpersonen, Vereinen oder Gruppen eine tatsächliche Betätigung für oder Nähe zur PKK nachgewiesen werden kann. Das Betätigungsverbot trifft sogar Kulturbetriebe, welche sich auf kurdische Kunst und Kultur spezialisieren. So wurden der ‚Mezopotamien Verlag‘ und der ‚MIR Musikvertrieb‘ am 8.März 2018 von der Polizei durchsucht und anschließend mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegt, welcher durch eine vorgeworfene Nähe zur PKK konstruiert wurde. [1] All dies zeigt, dass die BRD aktiv versucht die Entpolitisierung der kurdischrn Bevölkerung in Deutschland voranzutreiben. Dabei macht sie sich mit den politischen Zielen des ‚Neo-Osmanismus‘ des herrschenden Erdogan-Regimes in der Türkei gemein, dessen tragendes außenpolitisches Ideologem die imperialistische Ausweitung und die Auslöschung der Kurd*innen ist. In dieses Bild passen auch die Waffenlieferungen der BRD an die Türkei, welche für die Unterdrückung der Kurd*innen im Inneren und für völkerrechtswidrige Angriffskriege genutzt wurden und werden. Weiterhin ist die rechtliche Grundlage des PKK-Verbots seit Jahren auf wackeligen Füßen, wie bspw. ein Urteil des Europäischen Gerichtshof von 2018 bezeugt, welches entschied, dass die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der EU-Terrorliste stand. Auch belgische Gerichte haben die rechtliche Einstufung der PKK als ‚Terrororganisation‘ zurückgewiesen. [2] Neben diesen rechtlichen Argumenten ist es ferner für einen sozialistischen Jugendverband elementar, sich vor allem auf der politischen Ebene gegen die Politik der bürgerlichen Parteien, welche sich alle in ihrer Praxis gegen das Selbstbestimmungsrecht der Kurd*innen positionieren, einzusetzen und aktiv zu werden.
Entsprechend formuliert die Linksjugend [’solid] Niedersachsen als politische Forderungen:
Die Aufhebung des Betätigungsverbots der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê; PKK)
– Die Forderungen der Kampagne ‚Justice for Kurds‘ , welche uA das Ziel hat die PKK von der EU-Terrorliste zu streichen, werden geteilt und in ihr eigenes Programm übernommen. [3]
– Das sofortige Ende von Abschiebungen und das Bleiberecht für Alle. Dies wird mit besonderem Nachdruck für einen Abschiebestopp in die Türkei verfolgt.
– Das Ende der Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan, welcher auf der türkischen Gefängnisinsel İmralı gefangen gehalten und von der Außenwelt isoliert wird.
– Die Beendigung der Waffenlieferungen von der BRD an die Türkei.
Zusätzlich wird die Linksjugend [’solid] Niedersachsen:
jährlich für die ‚PKK-Verbot Aufheben‘ Demo, welche jeweils am Ende des Novembers rund um den Jahrestag des PKK-Verbots am 25.11.1993 in Berlin stattfindet, aufrufen und mobilisieren.
– zum kommenden 30 Jahrestag des PKK-Verbots flächendeckend zur Teilnahme an der ‚PKK-Verbot Aufheben‘ Demo, welche voraussichtlich Ende November in Berlin stattfinden wird, mobilisieren und dort gemeinsam mit weiteren Landesverbänden/Basisgruppen/Einzelpersonen auftreten. Sofern notwendig, unterstützt der Landesverband BGs bei den Fahrtkosten.
– Nach Kapazitäten politische (Bildungs-)Veranstaltungen mit Themenbezug zur kurdischen Befreiungsbewegung organisieren.
– auf allen Ebenen dazu angehalten, den Kontakt mit fortschrittlichen kurdischen Verbänden und Organisationen zu suchen und zu intensivieren, um gemeinsam Politik auf die Straße zu tragen.
[1] Siehe Rote Hilfe Zeitung 4/22
[2] Siehe https://justiceforkurds.info/DE/
[3] Ebenda
Als am 31.5.2023 Lina E. und ihre Mitangeklagten aufgrund von Indizienbeweisen zu Haftstrafen von
bis zu 5 Jahren verurteilt wurden, sorgten die längsten Haftstrafen gegen Antifaschist*innen seit
langem für heftige Proteste, die vom Staat und einer militarisierten Polizei durch Demoverbote und
Niederschlagung auch legaler Demonstrationen, inklusive massenhafter Personalienaufnahme
beantwortet wurden.
Doch das ist kein Einzelfall, der sich losgelöst von einem größeren Trend abspielt, sondern reiht sich
ein in die lange Geschichte der BRD von Kriminalisierung von linken Aktivisti und der zunehmenden
Repression durch verschärfte Polizeigesetzgebung in den letzten Jahren. Am 11.2. demonstrierten
hunderte Antifaschist*innen auch aus Deutschland in Budapest gegen den sogenannten ‚Tag der
Ehre‘ bei dem Faschist*innen jährlich den aussichtslosen Kampf der Wehrmacht, sowie deren
ungarische Kollaborateure gegen die rote Armee glorifizieren, ihre Verbrechen verharmlosen oder
leugnen. Staatliche Konsequenzen in Deutschland oder Ungarn musste jedoch kein Nazi für seine
Teilnahme erfahren, sondern nur Antifaschist*innen für die Teilnahme am Gegenprotest. Dem
Bundesvorsitzenden der VVN BDA, Florian Gutsche, wurde die Ausreise aus Deutschland und somit
die Teilnahme am Gege nprotest in Budapest untersagt. Zwei weitere Antifaschist*innen sitzen immer
noch in Budapest in Untersuchungshaft, andere mussten in Berlin, Jena und Leipzig
Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen.
Doch nicht nur antifaschistisches Engagement, sondern auch die Klimabewegung rückt immer stärker
in den Fokus staatlicher Institutionen. Das harte Urteil gegen Ella, die aufgrund eines angeblichen
Trittes gegen einen Polizisten bei der illegalen Räumung des Hambacher Forstes ist wohl vielen
Menschen im Gedächtnis. Weitere, aktuellere Beispiele sind die Hausdurchsuchung der Amsel 44 in
Wolfsburg im Rahmen dortiger Proteste gegen VW und für eine sozialökologische Verkehrswende
oder die mehrmaligen Razzien gegen die Letzte Generation. Insbesondere Letzteres zeigt, dass diese
Unterdrückung nicht nur auf Organisationen und Kräfte abzielt, die sich wirklich gegen das
kapitalistische System richtet, sondern gegen jegliche politische Organisierung, die den Herrschenden
in einem nach rechts kippenden gesellschaftlich en Klima unbehaglich ist.
Schon seit Jahren besonders hart getroffen sind kurdische Menschen, die in Deutschland politisch
aktiv sind, z.B. die Journalistin Özgül Emre, der Musiker İhsan Cibelik (Mitglied der international
renommierten progressiven Musik band Grup Yorum) und der Sozialist Serkan Küpeli, die derzeit in
Düsseldorf vor Gericht stehen. Die BRD macht sich in diesem Fall zur Vollstreckerin rassistischer und
regressiver türkischer Politik, um diese als Partner in der NATO und bei der Abschottung der EU vor
Geflüchteten nicht zu vergräulen. Die Türkei unterdrückt schon seit ihrer Gründung ethnische Minderheiten,
wie Armenier*innen und Kurd*innen sowie politische Organisationen, die deren Rechte erkämpfen.
Wir als Linksjugend Niedersachsen stellen uns gegen diese Politik, die im Endeffekt nur Rechten in
Deutschland und anderswo oder den Konzernen dient, die durch ihre CO2 Emissionen dafür sorgen,
dass die Erde sich weiter erhitzt und Extremwetterereignisse und Hungerkatastrophen sich in Zukunft
häufen werden.
Die Linksjugend Niedersachsen solidarisiert sich daher mit allen linken politischen Gefangenen,
Angeklagten oder von Verboten betroffenen Organisationen, indem sie:
-öffentlich auf Solidaritätskampagnen für sie aufmerksam macht, sowie deren Aktionen (Demos,
Solipartys etc.) bewirbt
-Treffen organisiert oder bewirbt, bei denen gemeinsam Briefe an Gefangene geschrieben werden
-Auf internationale Repressionswellen und Mög lichkeiten der Unterstützung hinweist
Die Linksjugend Niedersachsen fordert und tritt ein für:
-Die Abschaffung von Paragraph 129 und ein Ende der Kriminalisierung progressiver Bewegungen
-Die Aufhebung des PKK Verbots
-Die Umsetzung der Ziele von Bewegungen und Organisationen, die gegen Faschismus oder die
Klimakrise und für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft international kämpfen
Die LMV möge beschließen:
– Der LSP*R wird damit beauftragt eine AG zu gründen, an der interessierte Basismitglieder mitwirken können, welche den Auftrag hat, einen groben Leitfaden für das Verhalten rund um Demonstrationen und anderweitigen direkten Aktionen zu erstellen. Dieser soll dabei auch explizit auf Angebote der Roten Hilfe, besonders im Umgang mit staatlicher Repression, eingehen und somit einen Beitrag dazu leisten, dass Genoss*innen möglichst sicher an Aktionen teilnehmen können.
– Der Leitfaden soll sich vor allem an Neumitglieder und jene Genoss*innen richten, die neu in linken Bezügen unterwegs sind. So sollen auch gängige Begrifflichkeiten, welche in erfahrenen Kreisen genutzt werden (bspw. Bezugsgruppe, EA, Zifte etc.), in diesem Leitfaden erklärt werden.
– Dieser Leitfaden soll auf der Homepage veröffentlicht werden und den Mitgliedern in geeigneter Form zugänglich gemacht werden. Ferner soll die AG relevante Teile des Leitfadens für Social Media aufbereiten, sodass diese auf den Kanälen des Landesverbands veröffentlicht werden können.
– Der*Die Schatzmeister*in soll zudem prüfen on und in welchem Umfang der fertige Leitfaden gedruckt und an die BGs verteilt werden kann. Zudem wäre es wünschenswert, wenn der Leitfaden auch auf der Homepage zum Versand angeboten werden kann.
– Regelmäßige Workshops und Demotrainings sollen auf Basis dieses Leitfadens und den Erfahrungen von Genoss*innen auf der Straße veranstaltet werden.
Der Ausbau repressiver Staatsgewalt in der BRD, welche sich vornehm gegen linke Aktivist*innen und Bewegungen richtet, schreitet unentwegt fort. Dies zeigen unter anderem die Neufassung des nordrheinwestfälischen Versammlungsgesetzes und die sächsische SoKo LinX sehr eindrücklich. Diese Entwicklung macht auch vor Niedersachsen keinen Halt. So wird derzeit versucht Antifaschist*innen zu kriminalisieren, welche im Rahmen der Proteste gegen den AfD-Landesparteitag in Braunschweig am 03.07.2021 die Zufahrt zur Milleniumhalle blockierten.
Wenn das Klima für Genoss*innen auf der Straße immer rauer wird und mit allen Mitteln versucht wird diese zu kriminalisieren, dann braucht es Strukturen, welche von Kriminalisierung betroffene Genoss*innen unterstützen kann.
Die ‚Rote Hilfe e. V.‘ ist eine Solidaritätsorganisation, welche Menschen aus dem linken Spektrum, welche Repressalien erleiden, konkret und mit langjähriger Erfahrung unterstützt. Diese Unterstützung äußert sich unter Anderem mit Prozessbegleitung, der Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten, oder dem Einsatz für die Verbesserung von Haftbedingen. Auch leistet die Rote Hilfe wichtige Bildungsarbeit über alle Aspekte, welche für den Aktivismus auf der Straße relevant sind, und stellt bei größeren Demonstrationen auch Infrastruktur, wie den EA, um auf Festnahmen oder andere Methoden der Repression reagieren zu können.
Es ist daher wenig überraschend, dass Behörden und Politik immer wieder versuchen die Arbeit der Roten Hilfe zu erschweren, sie mit Repressalien überziehen und letztlich auch auf ein Verbot hinarbeiten.
Wir sind deshalb klar solidarisch mit der Roten Hilfe und stellen uns stellen uns gegen Versuche die wichtige Arbeit der Roten Hilfe zu behindern oder gar zu verbieten. Ferner rufen wir die Mitglieder und Sympathisant*innen der Linksjugend [’solid] Niedersachsen eindringlich dazu auf in die Rote
Hilfe einzutreten.
Unsere Solidarität ist stärker als ihre Repression!
Die linksjugend [‘solid] Niedersachsen möge sich dafür einsetzen, dass:
1. eine von der Polizei unabhängige Meldestelle für Verbrechen durch Polizeibeamte im Dienst geschaffen wird.
2. eine von der Polizei unabhängige Ermittlungsstelle geschaffen wird, die angezeigte Verbrechen, die mutmaßlich durch Polizeibeamte verübt wurden, untersucht.
3. Verletzungen, die in Gewahrsam der Polizei oder durch diese zugefügt oder erlitten werden, sowie unnötig übergriffiges oder entwürdigendes Verhalten sowie Eingriffe in die Intimsphäre grundsätzlich durch die unter 2. beschriebene Ermittlungshörde untersucht werden.
4. entsprechende Straftaten als eigener Punkt innerhalb der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werden.
5. Polizist*innen im Außendienst Regelmäßig an verpflichtenden externen Mediations- /Deeskalationstrainings teilnehmen.
6. die oben genannten Forderungen auf dem nächsten Landesparteitag der Partei DIE LINKE Niedersachsen eingebracht werden damit diese Eingang in das Wahlprogramm finden.