Eilantrag : Distanzierung von falscher Friedenspolitik durch Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer veröffentlichten am 10.02.2023 eine Petition gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine. Damit verbunden war der Aufruf zu einer Kundgebung, zu der zwar die AFD pro forma ausgeladen wurde, doch laut Oskar Lafontaine Verschwörungsideolog*innen, Antisemit*innen und andere faschistische Menschen mit klar „pazifistischen“ Beweggründen trotzdem willkommen seien. Gestern erreichte uns der Beschluss des Landesparteivorstandes, diesen Aufruf zu unterstützen.

Für uns sollte klar sein, dass ein Schulterschluss mit reaktionären Kräften und nationalistische Bestrebungen kein Mittel linksradikaler Politik sein können. Antiimperialistische Kämpfe lassen sich nicht mit Neoliberalen Wirtschaftsinteressen und dem Richten der Forderungen an die Herrschenden vereinbaren. Der Kampf für Frieden darf nicht zur Werbeplattform faschistischer Bewegungen werden und er kann nicht funktionieren ohne den Kapitalismus als solchen anzugreifen. Krieg nützt in erster Linie den Herrschenden und den Konzerninteressen und er ist natürliches Produkt des Kapitalismus. Antiimperialistische und pazifistische Politik ist untrennbar mit Klassenkampf verbunden und der lässt sich nicht vom antifaschistischen Selbstverständnis trennen.

Deshalb halten wir es, bedingt durch dieses antifaschistischen Selbstverständnis aber auch aus strategischen Bedenken, angesichts der Instrumentalisierung von rechts und des fehlenden Klassenbewusstseins, für notwendig, uns im Sinne des linksradikalen Antiimperialismus zu positionieren und beantragen, dass sich die Linksjugend solid Niedersachsen sowohl intern aus auch öffentlich von der Entscheidung des Landesvorstandes distanziert.

Begründung der Dringlichkeit: Gestern Abend ist bekannt geworden , dass die LINKE. Niedersachsen diesen Aufruf als einziger Landesverband unterstützen wird. Wir sind nun einmal mehr gezwungen, unsere Position als Jugendverband zu beziehen und deutlich zu machen, dass reaktionäre Politik und Schulterschlüsse mit der Rechten nicht zur linken Antwort auf Krieg und Krise werden dürfen.

A9: Was Tun mit ‚Liste Wagenknecht‘?

Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
Seit Monaten kokettiert Linke MdB und ein Kreis von Unterstützer*innen mehr oder weniger offen
mit der Gründung einer neuen Partei. Ehemalige Landesvors tände und weitere frühere
Parteiprominenz machen derzeit kein Geheimnis mehr aus der Absicht einer, mit der Partei Die Linke
konkurrierenden Neugründung, ob und in welcher Form letztlich eine Parteigründung überhaupt
stattfindet, so verdichten doch eine Reihe von Indizien das Bild einer immer wahrscheinlich
werdenden Parteigründung. Das offene Geheimnis der Parteineugründung steht und fällt
nichtsdestotrotz mit aller Wahrscheinlichkeit mit der finalen Entscheidung von Sahra Wagenknecht,
welche sie für Ende des Jahres angekündigt hat.

 

Natürlich drängt sich die Frage für einen linken Jugendverband auf, welche Analyse und welches
Verhältnis man zu dieser hypothetischen Konstellation hat. Auch wenn es bisher kein ausgearbeitetes
(öffentlich bekanntes) Programm gibt, so liefern die prominenten und auch die berüchtigteren Köpfe
aus dem Umfeld einige Hinweise darüber, welchen Charakter diese Liste ‚Wagenknecht‘ einnehmen
wird. Eine solche Einschätzung von außen ist natürlich nicht abschließend, auch weil die Akteur e und
ihre Positionen sehr diffus sind, wo sich einige viele als Marxist*innen verstehen, während wiederum
andere keinen Hehl aus ihren reaktionären Positionen, besonders zu gesellschaftspolitischen Fragen,
machen [1].
Es liegt dennoch nahe, dass aufgrund ihrer Prominenz und ihrer vorherigen Arbeit an einem
Gegenprogramm zur Linkspartei, wie es in ihrem Buch ‚Die Selbstgerechten‘ dargelegt ist, die
Positionen von Sahra Wagenknecht das wesentliche Fundament für das Programm der neuen Partei
darstellen wird . Ein weiterer gewichtiger Punkt in der inhaltlichen Ausrichtung dreht sich um
politischen Lager rund um Sahra Wagenknecht um eine ‚Migrationskritik von links‘, welche vorgibt die
Interessen der (deutschen) Arbeiter in den Mittelpunkt zu stellen. So beschwören die Köpfe rund um
das Projekt in bester vulgärmarxistischer Manier das Schreckgespenst Absenkung des Lohns durch
Migrant*innen und Flüchtende, welche so vermeintlich verstärkt in Konkurrenz um Arbeitsplätze,
aber auch um Wohnraum und Sozialleistungen treten. Diese ‚Analyse‘ blendet dabei sehr
entschlossen die eigentlichen Subjekte der Lohnbildung die Kapitalist*innen, die
Unternehmer*innen und ihren unternehmerischen Personalabteilungen komplett aus. [2]


Entsprechend findet sich bei Wagenknecht und Co. In ihrem Verhältnis zum Kapitalismus auch keine
stringente Ablehnung und vielmehr wird nostalgisch auf den Kapitalismus vergangener Jahrzehnte
geblickt oder auch dem Vordenker der deutschen kapitalistischen Nachkriegsordnung Ludwig
Ehrhardt gehuldigt . Vielmehr noch findet sich in den Schriften von Sahra die komplett hanebüchene
Unterscheidung zwischen ‚echten Unternehmern‘ und Kapitalisten beschwört wo „Die Motivation
echter Unternehmer (…) eine andere als die von Kapitalisten [ist]. Unternehmer gründen
Unternehmen, arbeiten in ihnen und machen sie groß. Kapitalisten investieren Geld und wollen
Rendite sehen.“ [3]


Diese Aussage steht stellvertretend nicht nur für den komplett desaströsen Stand der Analyse von
Wagenknecht und Co., sie stellt auch ein e komplette Absage an jeglichen klassenkämpferischen
Standpunkt dar. Zusammenfassend stehen Wagenknecht und die an ihr angeschlossene
hypothetische Partei letztlich nur ein Wahlverein, welcher für eine andersartig gestaltete
sozialdemokratische Verwaltung der kapitalistischen Misere steht. Ein Makel, welcher zwar auch
bedeutenden Teilen der Linken (auch ohne das Lager um Wagenknecht) anhaftet, welche aber intern
auch nicht ohne Alternativen dasteht. Solch eine als reiner Wahlverein angelegte Formation mag a us
wahltaktischen Überlegungen durchaus Anklang finden und eventuell auch erfolgreich sein, aber den
Anspruch die bestehenden Verhältnisse umzuwerfen ist nicht im Entferntesten zu erkennen, wo
unsere Politik als Linksjugend [’solid] Niedersachsen ansetzt.


Auch das Mitwirken von Personen, die offen reaktionäre Positionen vertreten, welche zu unseren
politischen Positionen (uA. Transfeindlichkeit, Antifaschismus etc.) komplett konträr stehen und im
Falle von Diether Dehm und Lars Büttner sogar eigene Beschlüsse zur Abgrenzung zu ihnen
hervorgebracht haben, sehen wir mehr als kritisch. Dies soll nicht bedeuten, dass eine Kritik an der
Arbeit der Partei (und vom Jugendverband) nicht legitim ist. Vielmehr ist es grade elementar in einer
sozialistischen Partei ( Selbst -)Kritik, vernichtende (Selbst -)Kritik zu formulieren und äußern zu können –
ein Recht wovon Mitglieder von uns auch Gebrauch machen. Die Kritik von Wagenknecht und Co.
hingegen, auch wenn sie in Teilen vielleicht oberflächlich nachvollziehbar ist, lehnen wir als unzureichend

und in Teilen als falsch ab.

Politisch ergeben sich für uns aus dieser politischen Konstellation natürlich auch einige Konsequenzen, so
-Sehen wir keinen Anlass uns als Jugendverband der hypothetischen ‚Liste Wagenknecht‘
anzudienen oder gar in ihr zu wirken
-Kämpfen wir innerhalb von Partei und Jugendverband weiter für Perspektiven, die auf den Bruch
mit dem Kapitalismus hinarbeiten
-Erteilen wir besonders der ‚Migrationskritik von links‘ eine entschiedene Absag e und arbeiten
darauf unsere marxistische Kritik am Bestehenden weiter zu schärfen.
-verteidigen wir entschieden unseren Konsens zu trans inklusiven Feminismus, zu Antirassismus,
Antidiskriminierung etc.


Ferner setzt sich die Linksjugend [’solid] Niedersachsen dafür ein, dass:
-im Gesamtverband eine klassenkämpferische Analyse und Antwort auf das Projekt ‚Liste
Wagenknecht‘ formuliert und vertreten wird.
-Die Diskussion und Bildung zu Themen, welche eine ‚Liste Wagenknecht‘ für sich beanspruchen
möchte, zu intensivieren und zu schärfen. Hierfür können sich (Bildungs –) Veranstaltungen oder
Lesekreise anbieten.


[1]Siehe uA. Die Social Media Auftritte von Lars Büttner, welcher im ‚Was Tun‘ Netzwerk in
Niedersachsen mitmischt, oder von Robert Gräfe vom selbsternannten Team Wagenknecht
Wolmirstedt. Verlinken werde ich die an dieser Stelle nicht.


[2]Eine ausführliche Auseinandersetzung mit ‚Migrationskritik von links‘ findet sich uA. Von Peter
Schadt in der Jungen Welt. https://www.jungewelt.de/artikel/457801 .linke debatte im geiste
dernation.html [3] Wagenknecht, Sahra: Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm für
Gemeinsinn und Zusammenhalt. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2021. S.293

A4: AG Landtagswahl in der Partei DIE LINKE

Die Linksjugend Niedersachsen möge beschließen:

A8: AG Landtagswahl in der Linksjugend

Die Landesmitgliederversammlung der Linksjugend Niedersachen möge beschließen: