Am 18. und 19.05. fand in Hannover der CSD statt. Dort ware]n wir als Linksjugend [‘solid] mit einem Infostand vertreten – ebenso mit einem Stand vor Ort war die Partei Volt. Schon zu Beginn auffällig war jedoch, dass der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Volt Niedersachsen, Lucas Wendel, sich am Samstag keinesfalls am Stand von Volt, sondern in seiner Rolle als Polizeikommissaranwärter am Stand der Polizei Niedersachsen aufhielt. [1,2,3]
Während des CSDs fand am Samstag außerdem eine Hausbesetzung eines seit über 10 Jahren leerstehenden Hauses am Klagesmarkt statt, bei welcher die Polizei brutal gegen Aktivisti und Teilnehmende der vorbeiziehenden CSD-Demonstration mit Pfefferspray, Schlagstöcken und Schmerzgriffen vorging. [4,5] Im besetzten Haus wurde eine solidarische Essensausgabe errichtet, sowie kostenlose Wohnräume für Bedürftige geschaffen. Sogar Anwohnende beschwerten sich schon über den leerstehenden Wohnraum und dessen ausgehende Kälte. Laut Journalist Leon Enrique Montero ging die Gewalt, anders als durch die Polizei berichtet, ausschließlich von Seiten der Einsatzkräfte aus. [6,7]
Diese Polizeigewalt verurteilen wir zutiefst, wenngleich sie uns jedoch leider nicht sonderlich verwundert. Die Polizei stand als Exekutive des bürgerlich-kapitalistischen Staates geschichtlich schon immer auf Seiten der Unterdrücker und Kapitalinteressen. Umso heuchlerischer ist es, dass die Polizei sich mit einem Stand beim CSD als Ally der queeren Community inszeniert. Wir sagen: No Cops at pride! Stonewall was a riot!
Laut einigen Demoteilnehmerinnen war Niedersachsens Volt-Vize und Polizist Wendel selbst am brutalen Einsatz beiteiligt gewesen. So oder so stützte er und Volt Niedersachsen dieses Vorgehen. Wendel war uns jedoch schon zum Zeitpunkt des CSDs kein Unbekannter. So fiel er bereits im Vorfeld am 17.05. nach einem Podium der Jungen Föderalisten im Kulturzentrum Faust auf. Bei diesem waren u.A. Johanna Brauer (Kandidatin zur Europawahl von Die Linke) und weitere Genossinnen von uns anwesend bzw. beteiligt. Laut stellvertretenden Vorsitz von Volt Niedersachsen und Polizist Wendel seien strukturelle Probleme der Polizei gar nicht, oder nur durch mehr Partizipation Queerer oder demokratisch gesinnter Personen in Polizeiämtern zu lösen. Außerdem sagte er sinngemäß ein Polizist oder Soldat habe gefühllos und wie eine Maschine zu sein und solle lediglich dessen Befehle befolgen. Er habe kein Problem damit Klimademonstrantinnen von der Straße zu zerren oder progressive Demos aufzulösen wenn dies sein Auftrag wär, denn die Polizei sei immer demokratisch legitimiert. Das Handeln der Polizei rechtfertigte er soimmer mit der demokratischen Legitimation dieser und sah dessen Verantwortung (fast) ausschließlich bei der Politik. Eine Argumentationslinie welche sich heranziehen lässt um die Verantwortung für Polizeigewalt vollständig vom individuellen Polizisten, sowie der Polizei im Ganzen, zu trennen. Eine Argumentationslinie, welche wir am 19.05. auf dem CSD ebenfalls von mit weiteren Volt-Mitgliedern am Stand von Volt Niedersachsen zu hören bekamen. Während wir als sozialistischer Verband selbstverständlich Polizeigewalt als strukturelles Problem des kapitalistischen Systems zur Sicherung der Eigentumsverhältnisse sehen, ist die Verantwortung für diese keinesfalls vom Individuum zu trennen oder lediglich „der Politik“ zuzuschreiben. Es gibt schließlich ein Recht auf Dienstverweigerung und die bestehenden ungerechten Verhältnisse als Polizistin (gewaltsam) zu verteidigen ist immer eine bewusste Entscheidung. Außerdem ist eine bürgerliche Wahl keineswegs eine Legitimation der staatlichen Exekutive, da individuelle Interpretation und Motivation von Anweisungen eine große Rolle spielen. Strukturelle Unterdrückung und racial profiling sind längst nachgewiesene Aspekte der Polizei und diese sind definitiv nicht demokratisch legitimiert.
Zum abschließenden und vielleicht auch wichtigsten Punkt haben Genossinnen außerhalb der Linksjugend [‘solid], welche an der Planung von Aktionen zum Landesparteitag der AfD Niedersachsen am 20.04.24 beteiligt waren, uns berichtet, dass sie Lucas Wendel nach eigener Aussage bereits vom Aussehen kannten. Sie berichteten uns, er sei bei Planungstreffen erschienen, ohne sich als Polizist zu identifizieren. Da beim Landesparteitag der AfD zu Beginn vieler Aktionen bereits hart von Seiten der Polizei gegen einige Aktivistinnen vorgegangen wurde, liegt die Vermutung nahe, dass Wendel der Polizei entscheidende Informationen aus den Vorbereitungen und während der Aktion weitergegeben haben könnte und somit mit Polizei im
Sinne der AfD agiert hat. Ob dieser Aktivismus gegen die AfD nun gestoppt wurde, aus einem bürgerlichen Verständnis der Demokratie oder einer Kollaboration mit der AfD aus, ist dabei relativ egal, denn der Endeffekt ist der gleiche: eine Stärkung und Hilfe der AfD.
Für uns ist klar das eine Zusammenarbeit mit Volt, gerade in Aktionsbündnissen nicht vertrauensvoll möglich ist, solange nicht standhaft eine Zusammenarbeit mit der Polizei ausgeschlossen werden kann. Über die weniger überraschenden Ansichten einer liberalen Partei zum Thema Polizei und Staat hinaus, welche wir als Sozialist*innen selbstverständlich nicht teilen, besteht bei Volt, gerade in Niedersachsen, durch direkte Zusammenarbeit mit der Polizei ein erhöhtes Risiko für unseren Aktivismus und den Kampf gegen die AfD. Volt ist, auch wenn sie sich gerne anders präsentieren, keinesfalls links sondern stützt die aktuellen unterdrückerischen Verhältnisse mit einem buntem Anstrich. Als Partei die massiv von Firmenspenden finanziert wird,
ähneln ihre Ansichten zum freien Markt und der Idee von „Innovation“ als Lösung, der Argumentation der FDP. Dies ist ein perfektes Symbolbild für Pinkwashing und den aktuellen Stand der CSDs in Deutschland. Selbst der CSD Hannover möchte aufgrund der Polizeigewalt die Mitgliedschaft der Polizei auf dem nächsten CSD nochmal überdenken.[8]
Quellen:
[1] Landesvorstand von Volt Niedersachsen – Volt Deutschland
[Archiviert am 05.06.2024]
[2] Wendel, Lucas | Stadtbezirk 2: Vahrenwald-List | Bezirksräte | Landeshauptstadt Hannover | Politische Gremien | Politik | Leben in der Region Hannover
[Archiviert am 05.06.2024]
[3] Bundespolizei Nord auf X: „#CSDHannover! Auf dich kommt’s an! Gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte. Gemeinsam mit der @Polizei_H sind wir heute in #Hannover für euch da. #Bundespolizei https://t.co/fiwC1fzZyI“ / X(2. Person von links im Bild)
[Archiviert am 05.06.2024]
[4] MAXI KALICO | 🔥 STONEWALL WAS A RIOT! 🔥 und der diesjährige CSD in Hannover wurde Zeuge einer Hausbesetzung. Die Menschen vom CSD zeigten sich… | Instagram
[Archiviert am 05.06.2024]
[5] X
[Archiviert am 05.06.2024]
[7] Leon Enrique auf X: „@Polizei_H 1. ratio 2. die gewalt ging ausschließlich von der polizei aus https://t.co/dBOQmBxC3P“ / X
[Archiviert am 05.06.2024]
[8] HannoverCSD | TW: Gewalt/Queerfeindlichkeit Wir sind bestürzt, dass es auch in diesem Jahr im Rahmen des CSD Hannover zu Störungen, queerfeindlichen… | Instagram
[Archiviert am 05.06.2024]