Der Kampf um Lützerath hat uns vor Augen geführt mit welcher Aggressivität der Staat Kapitalinteressen verteidigt, aber der Kampf um Lützerath hat uns auch gezeigt, wozu wir als Bewegung fähig sind, wenn wir zusammen für etwas kämpfen. Wir haben der Öffentlichkeit gezeigt, dass wir in der Lage sein können dem Staat das Fürchten zu lehren. Den Kampf um Lützerath hat RWE gewonnen, den Kampf ums Klima gewinnen die Vielen!
Die Klimakrise verstärkt bereits existierende Formen der Unterdrückung; Menschen, die es sich schon vorher nicht leisten konnten in den Urlaub zu fliegen, haben auch weniger Mittel, um sich vor der Zunahme der Extremwettereignisse zu schützen. Für Menschen, die in Ländern nahe des Äquators leben, sind die Folgen der Klimakrise bereits jetzt deutlich extremer zu spüren als im globalen Norden. FLINTA*-Personen, die überdurchschnittlich oft für Care-Arbeit oder Produktion von Lebensmitteln in der Landwirtschaft zuständig sind, sind nochmal häufiger direkt von Ernteausfällen betroffen und verzichten öfter für die Versorgung ihrer Kinder auf Essen.
Währenddessen haben all diese Gruppen deutlich weniger gesellschaftliche Macht und politische Mitsprache, da auch bürgerliche Staaten im Kapitalismus das Ziel haben, ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten. Durch direkte politische Einflussnahme oder durch ihren Einfluss auf die Meinungsbildung versuchen Kapitalisten einerseits Zweifel an wissenschaftlichen Fakten zu schüren, anderseits Klimapolitik auf individuelle Konsumentscheidungen zu reduzieren und damit von den radikalen Forderungen abzukoppeln, die wirklich für die Lösung notwendig wären. Denn Klimaschutz kann nicht funktionieren, wenn er nur Kritik am Konsumverhalten von Einzelpersonen übt, ohne dass er ein System hinterfragt, das diese Form von Konsum überhaupt ermöglicht. Menschen, die in ländlichen Regionen wohnen, können nicht einfach auf Autos verzichten, wenn dies zur gleichen Zeit nicht durch einen Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel ermöglicht wird. Erst durch die Umstellung auf eine Produktion, die den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht den Profiten von Einzelpersonen, kann nachhaltiger Konsum überhaupt möglich sein, da Umweltschäden im Kapitalismus immer als "externe Kosten" gelten und ein unbegrenztes Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen auf Dauer nicht funktionieren kann. Eine Bewegung für Klimagerechtigkeit muss außerdem an der Seite von Kämpfen gegen Imperialismus, (Neo-) Kolonialismus und Rassismus kämpfen, da vor allem nordamerikanische und europäische Konzerne immernoch den Großteil der natürlichen Rohstoffe der Länder in Südamerika und Afrika kontrollieren, Gewinne daraus abschöpfen und dafür indigene Bevölkerungsgruppen vertreiben und die eigenständige Entwicklung dieser Länder verhindern. Diese wäre jedoch nötig, damit die Länder eine Wirtschaft aufbauen können, die auch ohne Ausbeutung der Natur auskommt und der eigenen Bevölkerung ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Firmen, die es sich zum Geschäftsmodell gemacht haben, für Geld Aufforstungsprogramme zu betreiben und dadurch die Treibhausgaseemissionen ihrer Kund*innen zu kompensieren, reproduzieren dabei oft die gleichen Strukturen, indem sie Bäume auf dem Land indigener Bewohner*innen pflanzen und diese vertreiben. Des Weiteren wird der Kampf um eine bessere Welt immer gegen staatliche Repressionsorgane, wie die Polizei und Geheimdienste, sowie das Militär geführt. Rojava, die autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, ist immer wieder Angriffen durch die türkische Armee ausgesetzt, auch weil dort eine Gesellschaft aufgebaut wird, die Erdogans reaktionären Ideen entgegensteht. Westliche Einmischungen in südamerikanische und afrikanische Staaten, die aus den kolonialistischen Strukturen ausbrechen wollten, sind zahlreich dokumentiert, wobei hier einige Beispiele die Putsche gegen Patrice Lumumba in der Demokratischen Republik Kongo und Thomas Sankara in Burkina Faso sind, oder als modernen Fall Evo Morales, den ersten indigenen Präsidenten Boliviens im Jahr 2019. In Deutschland sind diese Repressionen ohne Frage weniger stark, jedoch werden auch hier Klimaaktivist*innen durch die Polizei zusammengeschlagen, wenn sie sich der Zerstörung von Dörfern und Landschaften für die Interessen des Kapitals widersetzen, das an der Verbrennung und Verstromung fossiler Energieträger profitiert, auch wenn der Energiebedarf ohne sie gedeckt werden kann.
Neue Polizeigesetze und andere Gesetzesverschärfungen schränken Aktivismus immer stärker ein, während interne Dokumente aus NRW davon sprechen, dass die Polizei “gewaltfähiger” werden müsse. Deshalb ist die Klimabewegung dazu gezwungen darüber nachzudenken, wie eine Welt ohne Polizei und Militär funktionieren kann.
Die Linksjugend [solid‘] Niedersachsen fordert daher:
– Die Konversion oder der kontrollierte Abbau aller klimaschädlichen Industrien, wie der Automobilindustrie und dem Braunkohleabbau in solche, die klimaneutrale Mobilität und Energieproduktion ermöglichen unter Einbeziehung der Beschäftigten und kostenlosen Weiterbildungen bei Lohnfortzahlungen
– Die Vergesellschaftung und demokratische Verwaltung der Wirtschaft sowie eine öffentliche Diskussion und Entscheidung über den Strukturwandel
Aufbau einer öffentlichen klimafreundlicheren Infrastruktur durch massive Investitionen in Nah- und Fernverkehr, der allen Menschen kostenlos zur Verfügung steht
– Die Unterstützung progressiver, sozialistischer Bewegungen, vor allem in durch Deutschland und seine Verbündeten ausgeuteten Ländern
Reparationszahlungen von Konzernen, die die sich an neokolonialen Strukturen bereichert haben, an die Arbeiter*innen, die vertriebene Bevölkerung und die ausgeraubten Länder
– Enteignung aller Profiteure an der fossilen Industrie Schluss mit der Kriminalisierung der Klimabewegung und allen anderen sozialen Bewegungen in Deutschland
– Rücknahme repressiver Polizeigesetze und Initiierung von Maßnahmen, die auf Verhinderung weiterer Polizeigewalt abzielen, wie eine Kennzeichnungspflicht und unabhängige Aufarbeitungsstellen
– Abschaffung der Polizei und Aufbau einer demokratisch kontrollierten Institution zur Durchsetzung eines Gesellschaftssystems, welches allen dient und nicht nur der herrschenden Klasse und in welcher die Ursachen sozialer Probleme bekämpft, anstatt ihre Folgen verdrängt und kriminalisiert werden.